Synopsis
Jean-Christophe (François Damiens), von allen nur »JC« genannt, erfüllt beruflich wie privat alle erforderlichen Charaktereigenschaften eines Gefängniswärters. Unter ständiger Selbstkontrolle stehend bewegt er sich lautlos und kaum wahrnehmbar wie ein Schatten durch die Gefängnisräume, selbst kaum von seiner Umwelt beachtet fügt er sich voll und ganz in die Rolle des Beobachters, er überwacht, kontrolliert, sich selbst ebenso wie andere mit strengster Akribie. JC ist der klassische Einzelgänger, emotionale Beziehungen zu anderen — abgesehen von seinem Goldfisch, den er seit 15 Jahren pflegt und hegt — sind in seinem Leben ebenso wenig vorhanden wie eine funktionierende Interaktion zwischen Verstand und Herz.
Auch der wöchentliche Tangokurs ändert an dieser gekappten Verbindung zunächst nichts, JC tanzt und übt und strebt dabei doch nur technische Perfektion an – bis Alice (Anne Paulicevich) auftaucht, eine attraktive Frau, der es nach dem ersten gemeinsamen Tanz gelingt, JC aus seiner selbst erbauten Zelle zu locken, indem sie ihm wortlos zu verstehen gibt, was das Wesen des Tangos ausmacht: der nahtlose Übergang von seelischem in körperlichen Ausdruck, verbunden mit einem Wechselspiel zwischen Nähe und Distanz, Verführung und Zurückweisung, ein Spiel, das sich ganz in der Sprache des Körpers und der Blicke äußert…
Und so ist es Alice, die nicht nur JCs komplette Wahrnehmung auf den Kopf stellt, seinen nüchtern-kontrollierenden Blick zu einem begehrenden macht, sondern ihn hineinzieht in einen komplizierten, hochemotionalen Wirbel aus Leidenschaft und Eifersucht, aus dem sich ein Machtkampf unter Männern um die Gunst des Objekts der Begierde, um Alice, entspinnt…
Dass dieser, in jeder Hinsicht selbstbestimmt lebenden Frau nicht nur seine Auf-merksamkeit zuteil wird, sondern er diese mit zwei Männern, ausgerechnet zwei un-ter seiner Beobachtung stehenden Gefängnisinsassen — Alices Ehemann Fernand (Sergi López) und ihr Geliebter Dominic (Jan Hammenecker) — teilen muss, macht die Sache für JC nicht leichter. Dem immer verflochtener werdenden Wechselspiel der Gefühle und Eifersüchteleien, das sich um Alice herum zwischen JC, Fernand und Dominic entwickelt, wird im Tango Ausdruck verliehen.
Und so kommt es, dass der Tango schließlich die Grenze zwischen Innen– und Außenwelt verwischt. Innerhalb der Gefängnismauern wird bald, unter der Führung eines namenlos bleibenden Argentiniers (Mariano „Chicho“ Frumboli) ebenso leidenschaftlich getanzt wie »draußen«, wo JC und Alice tanzend ihre Körper sprechen lassen und zarte Liebesbande knüpfen…
Das Gefühlschaos schwillt immer weiter an und gipfelt schließlich in einem emotionalen Höhepunkt, dessen ausschlaggebendes Ereignis die Offenbarung eines lange gehüteten Familiengeheimnisses zwischen Alice, Fernand und Dominic ist: Alices fünfzehnjähriger Sohn Antonio (Zacharie Chasseriaud) erfährt von seinem vermeintlich leiblichen Vater Fernand, dass sein wirklicher Vater dessen bester Freund Dominic ist – eine lebenslang aufrecht erhaltene Lüge zerplatzt.
Als die Situation innerhalb wie außerhalb der Gefängnismauern immer mehr zu eskalieren droht, fasst JC einen Entschluss, der ihn nun endgültig aus seinem penibel geordneten Leben herauskatapultiert: Er verhilft Fernand und Dominic unter Zuhilfenahme von gewalttätigen Mitteln zu Flucht und Freiheit. Als er schließlich in den Fluchtwagen einsteigt und sich zusammen mit Alice, Antonio, Fernand und Dominic mit quietschenden Reifen in ein unbestimmtes Leben aufmacht, ist sein Wendepunkt besiegelt und er kehrt seinem alten Leben ein für allemal den Rücken.